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Mit Achtsamkeit zurück ins „echte Leben“

von Daniela Hadem-Kälber

Achtsamkeit als bewusstes Wahrnehmen des gegenwärtigen Augenblicks hat es aus der buddhistischen Philosophie in unsere westliche Gesellschaft geschafft und wird heute in Therapieformen bei unterschiedlichen psychischen Erkrankungen erfolgreich eingesetzt.

Inhalt

Was ist Achtsamkeit?
Wobei kann mir Achtsamkeit helfen?
Was ist Achtsamkeit nicht?
Wo kann ich Achtsamkeit lernen?
Wie kann ich einen achtsamen Lebensstil pflegen? Und wie gelingt Achtsamkeit im eher hektischen beruflichen Alltag?

Was ist Achtsamkeit?

Für uns Menschen ist es wichtig, Pläne zu schmieden, über Zukünftiges nachzudenken und auch die Vergangenheit zu reflektieren. Besonders in unserer westlichen Welt hat unser Gehirn – kognitiv betrachtet – permanent die Aufgabe, unsere Erlebnisse zu sortieren, zu strukturieren und wichtiges abzulegen, um später wieder darauf zugreifen zu können. Gleichzeitig hält uns das permanente Denken, das Überlegen und Abwägen von Eventualitäten davon ab, wirklich im Hier und Jetzt zu leben. Wenn wir allzu sehr in Gedanken versinken, verlieren wir den Kontakt zur Gegenwart. Und Gegenwart ist eigentlich das Einzige, das wir wirklich mit allen Sinnen er-leben können. Oder wie eine alte Weisheit sagt:

Es ist immer jetzt.

Achtsamkeit bedeutet also, ganz einfach ausgedrückt, im Moment zu leben.

Die aktuelle Achtsamkeitswelle entspringt vor allem einem sehr erfolgreichen Konzept des amerikanischen Mediziners und Molekularbiologen Jon Kabat-Zinn: In den sogenannten MBSR-Kursen (MBSR steht für Mindfulness Based Stress Reduction, also Achtsamkeitsbasierte Stress-Reduktion) werden weltweit Methoden unterrichtet, um Achtsamkeit und Meditation mit unserem modernen Lebensstil zu verbinden.
Eigentlich basiert Achtsamkeit jedoch auf einem sehr frühen buddhistischen Konzept. Buddha selbst lebte und lehrte vor etwa 2500 Jahren in Nordindien. Er und seine Anhänger übten Achtsamkeit hauptsächlich in der Natur, wo sie meditierten und ihre Atmung beobachteten.

Wobei kann mir Achtsamkeit helfen?

Achtsamkeit kann helfen, aus Gedankenspiralen auszusteigen, Stress zu reduzieren, die geistige Gesundheit zu verbessern, das Immunsystem zu stärken, Gedächtnis und Aufmerksamkeit zu trainieren. Auch kann sich die Schulung von Achtsamkeit positiv auf das menschliche Miteinander, die Hilfsbereitschaft und die Fähigkeit zum Perspektivwechsel auswirken.

Was ist Achtsamkeit nicht?

Ein großes Missverständnis besteht darin, Achtsamkeit als Teil eines Entspannungsverfahrens zu betrachten. Zwar wird Achtsamkeit zur Entspannung, zur Konzentrationsverbesserung oder Schärfung des Bewusstseins eingesetzt. Doch eigentlich handelt es sich eher um eine „Qualität des menschlichen Bewusstseins, die jede innere und äußere Erfahrung im gegenwärtigen Moment wertfrei registriert und akzeptiert.“ (Dienemann/ Lorino 2020: 68). Hierzu gehören insbesondere auch normalerweise negativ oder störend bewertete Situationen oder auch Emotionen. Durch eine wertfreie, absichtsfreie Wahrnehmung kann ich mich mit den Dingen um mich herum ebenso wie mit meinem inneren Erleben verbinden ohne gleich etwas verändern zu wollen.

Achtsamkeit als Qualität des Bewusstseins beinhaltet also eine bewertungsfreie Wahrnehmung. Damit unterscheidet sie sich von der in unseren westlichen Gesellschaften üblichen interpretierenden und bewertenden Haltung.

Achtsamkeit bedeutet gleichzeitig nicht, alles immer so zu akzeptieren wie es ist und damit eine passive Haltung zu kommen. Vielmehr ermöglicht die Akzeptanz auf der Bewusstseinsebene in einem nächsten Schritt, zu entscheiden, ob man aktiv etwas unternehmen möchte oder nicht.

Ich persönlich bemühe mich, meinen Alltag achtsam zu gestalten, indem ich immer wieder kurze Genussmomente einbaue oder indem ich zwischendurch die Pausentaste drücke und einfach wahrnehme, was gerade da ist. Außerdem hilft mir Achtsamkeit, wenn ich neuen Menschen begegne. Dies gehört zu meinem beruflichen Alltag: Als Gesundheitscoach und Präventionstrainerin lerne ich ständig neue Menschen kennen. Es macht mir Freude, ihnen neugierig und offen zu begegnen, ohne viel zu interpretieren oder zu bewerten oder sie gar in Schubladen zu stecken.

Wo kann ich Achtsamkeit lernen?

Neben den bereits erwähnten MBSR-Kursen gibt es viele weitere Präventionskurse, die Achtsamkeit fördern. Zudem findet sich die moderne Achtsamkeitspraxis auch in verhaltenstherapeutischen Kontexten wieder. Ob im Kurs, im Coaching oder in der Einzeltherapie: Achtsamkeit ist definitiv im Bereich Mental Health angekommen.

Darüber hinaus gibt es in Buchhandlungen und natürlich im Internet viele Ratgeber und Anregungen, um Achtsamkeit in das eigene Leben zu holen.

Wie kann ich einen achtsamen Lebensstil pflegen?

In unserem digitalen Zeitalter ist es durchaus herausfordernd, einen achtsamen Lebensstil zu pflegen. Die Digitalisierung lädt uns sozusagen ein, mehr Zeit in der digitalen Welt und weniger Zeit in unserem Körper zu verbringen (Narbeshuber/ Narbeshuber, 2019): Wir verabschieden uns mit unserem Bewusstsein aus dem Hier und Jetzt.

Ruhiges Bild mit Holzpfählen

Auch wenn wir eigentlich wissen, dass es uns nicht gut tut – warum fällt es uns so schwer, ganz besonders das Smartphone beiseite zu lassen? Hersteller entwickeln gewissermaßen Mini-Spielautomaten. Jedes Mal, wenn wir danach greifen, lösen sie einen Mini-Dopaminschub aus. Dopamin ist wichtiger Botenstoff, der mit Vergnügen und Motivation in Zusammenhang steht. Dadurch werden nicht nur Glücksgefühle ausgelöst, sondern auch immer wieder der Wunsch nach Wiederholung geweckt (ebd.).

Durch die Verlagerung eines Großteils unseres Lebens in die digitale Welt hinein kommt es jedoch zu degenerativen Prozessen wie beispielsweise der Reduzierung unserer Aufmerksamkeitsspanne. Um zu einem achtsamen Lebensstil (zurück-) zu finden, ist es also in einem ersten Schritt wichtig, überhaupt zu merken, wann wir de-fokussiert sind und in einem zweiten Schritt die Aufmerksamkeit wieder bewusst zu fokussieren. Dies muss unser Gehirn trainieren!

Mir persönlich hilft es, einen achtsamen Lebensstil zu pflegen, wenn ich Handyzeiten reduziere, mich in der Natur oder im Garten aufhalte, mit meinen Kindern oder anderen lieben Menschen Zeit verbringe und währenddessen ganz bewusst darauf achte, geistig voll anwesend zu sein.

Und wie gelingt Achtsamkeit im eher hektischen beruflichen Alltag?

Bezogen auf die berufliche Tätigkeit kann es hilfreich sein, gesunde Routinen einzuführen. Zum Beispiel am Morgen das Handy ausgeschaltet zu lassen und zuerst ganz bewusst ein Frühstück oder die Zeit im Bad zu genießen.
Während der Arbeit können einfache Tricks viel bewirken, wie z.B. nicht benutzte Programme am Rechner zu schließen, das Handy stumm zu schalten, um nicht ständig unterbrochen zu werden, und damit wiederum negativ auf die eigene Aufmerksamkeitsspanne einzuwirken.

Auch kleine achtsame Pausen können einen großen Unterschied machen. Kai Romhardt, Begründer des Netzwerks Achtsame Wirtschaft, ist beispielsweise der Ansicht, dass bereits 3 Atemzüge reichen, um bei uns anzukommen und uns innerlich auszurichten. Er schlägt die Zauberformel A-L-I vor:

Atmen, Lächeln, Innehalten:

A bringt Körper und Geist zusammen, L schenkt uns selbst liebevolle Zuwendung und befriedet den inneren Kritiker und Richter, I gibt uns einen Augenblick jenseits des Funktionierens, Erreichens und nährt das Gefühl innerlicher Freiheit in uns. (Romhardt, 2017:41).

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Literatur:

Dienemann/ Lorino in: Gans et. Al: Arbeitsraum Natur. Handbuch für Coaches, Therapeuten, Trainer und Organisationen. Wiesbaden 2020.

Narbeshuber, Esther/ Narbeshuber, Johannes: Mindful Leader. Wie wir die Führung für unser Leben in die Hand nehmen und uns Gelassenheit zum Erfolg führt. 2019

Romhardt, Kai: Achtsam wirtschaften. Wegweiser für eine neue Art zu arbeiten, zu kaufen und zu leben. Freiburg 2017.

Bildquelle:

„here_now_cover“ von Canva

„buhnen“ von Canva

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