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Resilienz-ABC: Trauma

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Der Begriff Trauma (Plural Traumata) bedeutet „Wunde“. Er wird in der Medizin für eine körperliche Verletzung genutzt und in der Psychologie für eine Situationen, die die Person aufgrund mehrerer Faktoren nicht verarbeiten kann bzw. konnte.

Definition nach Michaela Huber

Es gibt viele verschiedene Definitionen des Begriffes Trauma. Die Traumaexpertin Michaela Huber beschreibt ein Trauma als:

Plötzliche, langanhaltende oder sich wiederholende existentielle (subjektiv oder objektiv) bedrohliche Ereignisse, bei denen Menschen die sogenannte traumatische Zange erleben.

Huber 2003

Was ist die traumatische Zange?

Wir alle verfügen über Ressourcen, durch die wir in stressigen Situationen unser seelisches Gleichgewicht wiederherstellen können.


Geraten wir in die traumatische Zange, so überstiegt die Stressbelastung / der Extremstress unsere Fähigkeiten der Selbstregulation.


In diesen Situationen laufen in unserem Nervensystem in Sekundenschnelle autonome Reaktionen ab, die das Überleben sichern sollen.


Unsere erste Reaktion in einem solchen Moment ist die Bindungssuche. Wir halten Ausschau nach einem Menschen, der uns ein Gefühl der Sicherheit vermitteln kann. Ist keine Bindungsperson erreichbar, wird im Körper innerhalb von Sekunden ein hohes Maß an Energie für Kampf oder Flucht bereitgestellt. So kommt es z.B. zu einer großen Anspannung in der Muskulatur, die Blutgefäße werden für eine bessere Durchblutung geweitet, der Blutdruck steigt, die Verdauung wird eingestellt.


Ist es nicht möglich, zu kämpfen, kommt es zu einem Gefühl des Ausgeliefertseins, können wir nicht fliehen, stellt sich ein Gefühl der Hilflosigkeit ein. Die im Körper zuvor mobilisierte Energie kann nicht abreagiert werden und bleibt im Körper. Es kann zu einer Erstarrungsreaktion kommen, in der nach wie vor die bereitgestellte Energie im Körper gefangen ist. Dauert dieser Zustand zu lange an, kann es passieren, dass jegliche Energie den Körper verlässt und es zu einem Totstellreflex kommt.

In einer solchen Situation kommt es zu einer Notfallreaktion des Gehirns. Der Mensch soll vor Überforderung geschützt werden, d.h. die Sinneseindrücke werden nicht vollständig vom Gehirn erfasst und als Erinnerung verarbeitet. Stattdessen kommt es zu einer Dissoziation (Abspaltung) einzelner Erlebnisinhalte. Es werden nur einzelne Fragmente (wie einzelne Puzzleteile) im Gehirn abgelegt. Zwischen ihnen gibt es keine Verbindung. Und damit keine vollständige Erinnerung an das Geschehen.

Welche verschiedenen Arten von Traumata gibt es?

Es werden Typ-I- und Typ-II-Traumata unterschieden.
Typ-I-Traumata: sind einmalige traumatische Erfahrungen, wie Unfälle, Naturkatastrophen, berufsbedingte Erfahrungen (z.B. Polizei, Feuerwehr, Rettungskräfte), etc.


Typ-II-Traumata: sind häufig andauernde oder sich wiederholende traumatische Erlebnisse, wie Folter, Missbrauch (körperlich bzw. emotional). Sogenannte „man made desaster“ (durch Menschenhand verursachte Traumata), ziehen häufig tiefgreifende und schwere Störungen bzw. psychische Probleme nach sich.

(vgl. www.uniklinikum-dresden.de)

Wie häufig sind Menschen von diesen besonders belastenden Erfahrungen betroffen?

In Deutschland sind ca. 24 % der Menschen im Laufe ihres Lebens mindestens einmal einem Ereignis ausgesetzt, das sich zu einem Trauma entwickeln kann.


Frauen erleben häufiger sexueller Gewalt, Männern häufiger Unfälle, Überfälle oder Gefangenschaft im Krieg. In ihrer Kindheit sind schätzungsweise 1 bis 13 % der Menschen bereits von sexueller Gewalt betroffen.

Welche Faktoren schützen vor dem Entstehen eines Traumas?

Eine gute Resilienz, ein starkes seelisches Immunsystem, was der Mensch sich bereits in seinem frühen Leben durch sichere Bindungserfahrungen und die Co-Regulation durch die Bindungspersonen aufbauen konnte, ein gutes, empathisches und unterstützendes soziales Netzwerk, soziale Anerkennung, psychische Gesundheit bis zum Eintreten des Ereignisses sowie das Alter spielen eine wesentliche Rolle. Die soziale Unterstützung ist der wesentliche Schutzfaktor.

Fazit

Ein Trauma kann jeden treffen. Es ist eine normale Reaktion unseres Körpers auf ein unnormal heftiges Ereignis. Je resilienter der oder die Betroffene ist, je besser sie auf die Begleitung und Unterstützung durch das soziale Netzwerk zurückgreifen kann, umso größer ist die Chance, dass die Person das Erlebte ohne eine Traumafolgestörung bewältigen kann.


Für Menschen, die auf diese Ressourcen nicht zurückgreifen können oder konnten und bei denen es im Anschluss zu einer Erkrankung kommt, gibt es heute ein gutes Hilfesystem, bestehend aus Notfallseelsorgerinnen, Traumafachberaterinnen, traumasensiblen Coaches und Traumatherapeuten.

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